04/12/01, 9 Uhr, Freiburg, Foyer der VHS. Da liegt es nun, das grüne Ungetüm. Mit fünf Tagen Verspätung hat nun der Weihnachtsbaum-Verkäufer geliefert – zur Abwechslung mal eine schöne Tanne, gerade und gesund. Das Exemplar des vergangenen Jahres nadelte schon bei seiner Ankunft und hatte eine völlig kahle Spitze, welche sogar das schreiend bunte Tiffany-Engels-Bild so gar nicht verschönern mochte. Die Putzfrau hat heute Morgen gekonnt um das liegende Ungetüm herumgefegt, und ich soll es nun aufstellen. Das Problem: der Baum ist knapp drei Meter, der Raum 2,40 Meter hoch und ich bin ganz allein mit meiner Säge.
04/12/01, 9 Uhr, Berlin, vor den Schönhauser Allee-Arkaden. Da steht er nun, der Kinderfresser-Lokalredakteur und fragt sich allen Ernstes, ob er tatsächlich den 3-Meter-Weihnachtsbaum nehmen soll. Erstens: weil er es kann. Zweitens: weil die Tanne so schön billig ist. Mal ehrlich: Wo sonst kriegt man eine 3-Meter-Tanne für vierzig Mark? Die Befürchtung einer vorzeitigen Verlobungsauflösung aufgrund von Größenwahn lassen unseren Protagonisten doch zum 1,80 Meter-Baum greifen. Der ist aber auch schön billig (zwanzich Makk).
04/12/01, 9.30 Uhr, Freiburg, Foyer der VHS. Das Mords-Trumm steht, sogar gerade. Nur die Spitze hängt etwas unter der Decke des Wandelgangs. Der Tiffany-Engel hat’s verdient und muss nun bis Weihnachten in schiefer Haltung ausharren. Bilanz: Ich bin schon wieder völlig erschöpft, habe mir mit der rostigen Säge drei Schnittwunden an der Hand zugefügt, von der so merkwürdige blaue Linien an meinem Oberarm hochwandern. Das Beste kommt zum Schluss: Die Verwaltungschefin tritt zur Tür herein und beäugt neugierig mein Werk, blickt dann angewidert auf die übrig gebliebene Harz-Nadel-Verunreinigung hinter mir. „Das kommt aber auch noch weg“, sagt sie und geht. Wie sehr gönne ich ihr jetzt den Platz beim Weihnachtsengel.
04/12/01, 10.20 Uhr, Berlin, Lokalredaktion. Die1,80-Lösung hat sich als weise herausgestellt. Der redaktionseigene Weihnachtsbaumständer kommt schon kaum mit der kleineren Version klar. Dem Wunsch nach echten Kerzen entsprechend müssen alle Mitarbeiter eine Brandschutzübung absolvieren. Aufgrund der aus schierem Geiz in der Vorweihnachtszeit gekauften Brandlast sind bis Heiligabend je zwei Mitarbeiter als Brandwache abgestellt. Der Moral im Betrieb tut das aber wegen der adventlichen Stimmung (Kerzen- und Tannenduft, verantwortungsvolle Aufgabe) keinen Abbruch.