Die Schokobons aus meinem Kinderüberraschungs-Adventskalender lutschend liege ich in meinem Bett. Es tagt bereits ordentlich, die alternativen Sonntagsspaziergänger sind schon alle mit Rucksack im Wald, weil es ja so einen schönen blauen Himmel hat. Und ich mache ganz schnell den Rolladen ein Stück herunter.
Der sonntägliche Anruf zu Hause steht noch an, bei dem ich schon mal meinen Wunschzettel durchgeben werde. Ich schwanke, ob ich mir zum zweiten Mal hintereinander ein Houellebecq-Buch wünschen oder doch lieber die Kurt Cobain-Tagebücher („aber natürlich auf Englisch, weil die deutsche Fassung ja gekürzt ist. Und überhaupt ist das sowieso viel authentischer. Auch wenn Courtney alles versaut hat.“).
Ganz verschmitzt und klein steht noch „Anstoss 4“ auf der Liste, auch wenn mir bewusst ist, dass Fußballmanager-Spiele gänzlich unintellektuell und zeitverschwendend sind. Andererseits: Das sind die Cobain-Tagebücher erst recht. Daran ändert die Neue Zürcher Zeitung nichts, die Cobain im Feuilleton neben Robbie Williams „Escapology“ besprechen. Kurt hätte gekotzt, aber das hat sich ja jetzt auch erledigt.
Der Mitbewohner fragt, ob ich mit ins Stadion zum SC komme. Nein danke, zu kalt. Stattdessen setze ich mich ins Auto und fahre zur Nachmittagsvorstellung von „Bowling for Columbine“. Besinnlich ist das nicht, aber verstärkt bei mir als Altlinken wenigstens das Klischee des unterbelichteten Amerikaners, dem man trotzdem – oder gerade deshalb – einen Waffenschein gegeben hat. Das dümmste Volk der Welt 120 Minuten lang – Gott schütze mich vor diesem Land.
Und hiermit übergebe ich an den Kai.