Bei uns in der Agenturkantine liegt die Süddeutsche Zeitung aus. Morgendlich angenehme Lektüre der Nachrichten des vergangenen Tages. Jeden Tag nehme ich mir diesen Wälzer vor, der, manchmal so scheint es, sozialdemokratischen Bastion in Bayern. Nachdem ich den mittwochschen Immobilienteil mit einem müden Lächeln überblättert hatte, früher habe ich das nicht getan, sondern auch mal interessiert reingeschaut, aber als Berliner schüttelt man doch nur fassungslos den Kopf angesichts von Miet- und Kaufpreisen annähernd in der Höhe der Altschuldenlast der Bundeshauptstadt an der Spree, lande ich auf der Panoramateil, den Blick über die Wies´n hinaus, das Fenster in die Welt. Und dort lese ich, als kleine Randnotiz, kaum sichtbar durch einem regelmäßigen Lesefluss, abfällig hingeklatscht: „Mexiko weist Pornodarsteller aus“. Der Junge Mann hatte es wohl auf einer Sexmesse sich wund gerieben, darf´s deshalb jetzt gar nicht mehr treiben und wurde deshalb vertrieben.
Ich habe mich auch einmal als Erotikdarsteller probiert. Ein unbezahltes Schülerpraktikum in der neunten Klasse. Vorausschauender als jedes gängige Praktikummodell und für einen Jungen im Alter von knapp 15 Jahren 14 Tage das Paradies auf Erden. Ich bin also persönlich betroffen. Ich lernte wie man Spermaersatz anrührt, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn besonders kunstvoll männliches Ejakulat über den penetrierten weiblichen Körper laufen sollte und ich sollte feststellen das Länge doch eine Rolle spielt. Was ist eine Double-Penetration, ein Fistfuck, Cum-Shot, GirlGirl, BoyGirl, BoyBoy, BoyGirlGirl, GirlBoyBoy, Bondage, GangBang, Interracial? Das konnte mir bisher keine „Bravo“ bieten und selbst der Goldstaub von „Coupé“ und „Playboy“ lagen ab jetzt wie Flusen in meiner Vergangenheit. Hier stimmte die Bezahlung, die kommunikative Ebene, der Teamgeist und man befruchtete sich gegenseitig um zum Optimum zu kommen. Manche Marketingratgeber bedienen sich deshalb auch sehr gern am Erotik-Cineastischen-Vokabular.
Zurück zum Mexikanischen Bett-Rodeo, was sicherlich an diversen Stellen an Tarantino´s Klassiker „From Dusk till Dawn“ erinnert haben muss. Was erwartet der gemeine Sexmessen Besucher? Man trifft viele Franks und Gabis, die mit Federn beschmückte Katzenmasken aufsetzen, im Orion Verwöhnset, bestehend aus einem Schdring-Tanga, einem Büschtey und dem Strätsch-Body für Ihn. Die erotische Erfahrungswelt solcher Pärchen, spielt sich vor allem in schmuddeligen, holzgetäfelten Hobbykellern ab, wo in der Mitte des Raums eine kaltnasse Gummimatratze liegt, auf der sich dann die Barmer-Versicherungsangestellte und der Einzelhandelskaufmann treffen um ihren Gewohnheiten zu frönen. Ein Papierhandtuchspender hängt an der Wand und das latent orgiastische Stöhnen wird nur durch das quietschen einer ehemaligen Fiss-Fensterputz-Pumpflasche gestört, in der jetzt grünlich schimmernd Desinfektionsflüssigkeit auf ihren Einsatz wartet.
Hier werden noch Phantasien war, und wenn mann oder frau Glück hat, wird mann oder frau auch noch Protagonist einer Pseudoreportage von RTL2 oder Wa(h)re Liebe, in denen dann ausführlich über Fick- oder Blasgewohnheiten der Clubbesitzer referiert wird und in Großaufnahme braune, randharte Bierwurst auf Eisbergsalat zu sehen ist. Das ist so in Chemnitz und auch in Mexiko.
Da lieb ich mir doch die Wäscheseiten aus dem Quellekatalog, die ich als Frühpubertierender mit meinen wildesten Phantasien überzog.