Warum mir eigentlich alles egal ist 16

„Hey Du, alles klar? Geht gut?“, fragte ein Mitarbeiter des benachbarten spanischen Weinrestaurants, nachdem mit einem riesigen Rumms einem anderen Mitarbeiter wohl ein Tablett mit Geschirr hingeflogen ist. Wie es mir geht, beantworte ich am besten rheinisch: „Et muss, et muss.“ Habe gestern erfahren, dass ich die Mittelhochdeutsch-Klausur nicht bestanden habe und bin danach direkt zum zuständigen Zwischenprüfungs-Beauftragten gegangen. Nach einer dreiviertel Stunde Wartezeit vor seinem Büro verlief das Gespräch ungefähr so: „Guten Tach. Ich habe mich zur Zwischenprüfung angemeldet und wider Erwarten die Mittelhochdeutsch-Klausur nicht bestanden. Kann ich die Zwischenprüfung trotzdem ablegen?“ „Nein.“ „Gibt es Ausnahmen?“ „Nein.“ Ich hätte den Mann wahrscheinlich auch fragen können, was er heute zu Mittag gegessen hat und hätte die gleiche Antwort bekommen. Bettelei verstößt gegen meine Prinzipien.

Stop, stop, aufhören mit dem Gequatsche. Mit diesem elenden Gewäsch, das sowieso keiner lesen möchte. Nichts ist, wie es ist und war. Und ich habe immer gesagt, dass diese Serie enden wird, und das auf jeden Fall stilvoll – entweder mit Schillers „Ode an die Freude“ oder mit „The End“ von den „Doors“. Der Moment ist da – und so ist es nun mal:

This is the end
Beautiful friend
This is the end
My only friend, the end
Of our elaborate plans, the end
Of everything that stands, the end
No safety or surprise, the end
I’ll never look into your eyes…again
Can you picture what will be
So limitless and free
Desperately in need…of some…stranger’s hand
In a…desperate land
Lost in a Roman…wilderness of pain
And all the children are insane
All the children are insane
Waiting for the summer rain, yeah
There’s danger on the edge of town
Ride the King’s highway, baby
Weird scenes inside the gold mine
Ride the highway west, baby
Ride the snake, ride the snake
To the lake, the ancient lake, baby
The snake is long, seven miles
Ride the snake…he’s old, and his skin is cold
The west is the best
The west is the best
Get here, and we’ll do the rest
The blue bus is callin‘ us
The blue bus is callin‘ us
driver, where you taken‘ us
The killer awoke before dawn, he put his boots on
He took a face from the ancient gallery
And he walked on down the hall
He went into the room where his sister lived, and…then he
Paid a visit to his brother, and then he
He walked on down the hall, and
And he came to a door…and he looked inside
Father, yes son, I want to kill you
Mother…I want to…fuck you
C’mon baby, take a chance with us
C’mon baby, take a chance with us
C’mon baby, take a chance with us
And meet me at the back of the blue bus
Doin‘ a blue rock
On a blue bus
Doin‘ a blue rock
C’mon, yeah
Kill, kill, kill, kill, kill, kill
This is the end
Beautiful friend
This is the end
My only friend, the end
It hurts to set you free
But you’ll never follow me
The end of laughter and soft lies
The end of nights we tried to die
This is the end

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Warum mir eigentlich alles egal ist 15

Der Wäscheständer des benachbarten spanischen Weinrestaurants ist schon wieder umgekippt. Dabei hat es diese Nacht gar nicht gestürmt. Das muss dann wohl doch an den ungeschickten Restaurant-Mitarbeitern gelegen haben, die den Ständer gnadenlos überladen haben. Auf dem gnadenlos zugeparkten Hinter-Hinterhof balgen sich zwei Kinder mit Fußball darum, wo man denn die Linie für das Tor ziehen könnte. Jeder zweite Schuss endet schließlich auf irgendeinem Autodach, und ich überlege mir, was ich den Kindern erzählen würde, wenn mein Auto auf dem Hinter-Hinterhof geparkt wäre. Der Hausmeister in der Volkshochschule würde dazu badisch „Galama“ sagen, was im neuhochdeutschen soviel wie „Stress machen“ und „Ärger“ bedeutet. Die Kinder stören sich nicht daran, denn schließlich sind die Bewohner meines Stadtteils äußerst alternativ, antiautoriär und somit völlig unfähig, Kinder richtig zu erziehen. Lieber ziehen sie sich selbst und ihren Kindern selbstgestrickte, kunterbunte Wollpullis und Mützen an. Damit machen sich die Kinder zwar zum Gespött in der Grundschule, aber das macht den Eltern ja nichts.

Es ist wieder Zeit, auf mein eigentliches Hauptthema in der Serie zu kommen: Die Liebe. Die ist in den letzten Tagen ein bisschen in den Hintergrund gerückt, weil Semesterferien sind und meine Herzensdame im Urlaub ist. Zuletzt habe ich ihr einen Ausschnitt aus Tolstois „Anna Karenina“ geschickt. Und zwar den, wo der ländlich geprägte Lewin mit seiner Angebeteten ein Malspiel veranstaltet. Er malt mit Kreide die Anfangsbuchstaben von Sätzen auf den Tisch, und Kitty, die Angebetete, muss erraten, was die Buchstaben wohl bedeuten. Er fragt sie verschlüsselt, ob es denn bei ihrem „Nein“ zu einer Partnerschaft bleibt, worauf sie aufmalt, was sie sich am meisten wünscht: „D. S. v. u. v. k., w. g. i.!“, was heißen soll „Dass Sie vergessen und verzeihen könnten, was geschehen ist!“ Lewin ist gerührt, seine Hände fangen an zu zittern, und er schreibt pathetisch: „Ich habe nichts zu vergessen und zu verzeihen; ich habe nicht aufgehört, Sie zu lieben.“ Und ab geht es vor den Traualtar. Eine sehr schöne Szene, die man wunderbar auf meine Situation ummünzen kann, wobei ich die letzte Konsequenz ohne weiteres streichen würde. Bisher kam keine Antwort, weil meine Angebetete schließlich im Urlaub ist und sich hoffentlich danach über die Szene den Kopf zerbricht.

Ich war am Samstag in der Stadt, was ich besser nicht gemacht hätte. Denn nichts ist schlimmer, als am Samstag in die Freiburger Innenstadt zu laufen. Lustig wirds dann, wenn der SC ein Heimspiel hat und sich die Fans vor Spielbeginn überlegen, wie man sich kostengünstig in Stimmung bringt. Wohlgemerkt mittags um 12. Am kostengünstigsten geht das beim Penny-Markt gegenüber der Uni. Da kostet die Dose Karlskrone 59 Pfennig. Ich werde nie vergessen, wie mich vor dem Heimspiel Freiburg gegen Borussia Dortmund ein angetrunkener Dortmund-Anhänger im Penny-Markt gefragt hat, wo denn die Toilette ist. Da hätte ich am liebsten zurückgefragt, seit wann Fußball-Fans zum Pinkeln denn eine Toilette benötigen. Es lohnt sich auch immer, in den McDonald’s zu schauen. Da stehen dann die Fans an, für die sich der Besitz einer Payback-Karte richtig lohnt. Oder gibts die da gar nicht? Ich bin übrigens immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 14

Irgendjemand im Haus (ich glaube von oben) hat die Frankfurter Allgemeine abonniert und lässt grundsätzlich am Samstag den dicken Anzeigenteil unten im Postkorb liegen. So ein Pech, dass der Banause damit auch regelmäßig die schöne Beilage „Bilder und Zeiten“ liegen lässt. Wie ich die Herrschaften von oben einschätze, weiß derjenige noch nicht einmal, dass es diese Beilage gibt. Ich muss es wissen, denn zu Bundeswehrzeiten hatte ich den Teil zu Wochenbeginn immer vor dem Altpapier zu retten. Denn der General war historisch interessiert und offensichtlich zu schlecht bezahlt, um sich ein FAZ-Abo zu leisten. Die Schreierei ging dann immer los, wenn der dämliche Zeitungsausträger die Samstagsausgabe nicht in die Kaserne geliefert hatte. Dann stiefelte ich los um irgendeinen Kioskbesitzer im Umkreis zu überzeugen, dass er die FAZ vom Samstag doch bitte nicht unverkauft zurückschicken, sondern lieber mir überlassen solle. Mein Leben hinge davon ab, sagte ich mit Hundeblick. Hat dann meistens auch geklappt.

Der ungebildete Pöbel von oben wird somit nie etwas von der „Frankfurter Anthologie“ erfahren, die sich diesmal mit dem kurzen Goethe-Gedicht „Behandelt die Frauen mit Nachsicht!“ befasst:

„Behandelt die Frauen mit Nachsicht!
Aus krummer Rippe ward sie erschaffen
Gott konnte sie nicht ganz grade machen.
Willst du sie biegen, sie bricht.
Läßt du sie ruhig, sie wird noch krümmer,
Du guter Adam, was ist denn schlimmer?-
Behandelt die Frauen mit Nachsicht:
Es ist nicht gut, daß euch eine Rippe bricht.“

Die Verse stammen aus dem „West-östlichen Diva“, und der Autor des nebenstehenden Artikels fragt sich, was Goethe denn damit gemeint haben könnte. Seine Antwort: Goethe hat aus der Sunna, der Sammlung mündlicher Äußerungen Mohammeds, geklaut. „Die Knittelverse überlagern den geistreich-herablassenden Ton des Sunna-Wortes mit einem derb-humoristischen Ton, hinter dem sich die kritische Stimme des Sunna-Lesers Goethe versteckt.“ Blasphemie? Ist somit nicht nur die Frau, sondern auch Gott unvollkommen? Man weiß es nicht so recht, schließt der Autor.

Wo ich schon bei den Nachbarn bin, kann ich ja auch mal erzählen, dass alle paar Tage zu späterer Stunde die Türklingel geht und ein reichlich verwirrter junger Mann von oben fragt: „Könntet ihr die Musik leiser drehen? Das kommt doch von euch, oder?“ Stutzig macht mich, dass der junge Mann immer die gleichen Fragen stellt. Das kurze Gespräch endet dann meist mit einem nachsichtigen Lächeln seinerseits, das wohl soviel aussagen soll, wie : ‚Ich bin ja auch noch jung, aber ich habe doch noch soviel zu tun und muss mich doch konzentrieren. Sonst komme ich in des Teufels Küche.‘ An mich denkt natürlich wieder keiner. Dabei habe ich über Monate den Eindruck gehabt, dass im Zimmer unter mir eine komplette Rockband probt. Ärgerlich war, dass die Band wohl gerade frisch gegründet war und permanent nur ein Teilchen aus Nirvanas „Smells like teens spirit“ geübt hat: Dädädä, didido, dädädä, didido… Und nur das Stückchen, und das über Wochen und Monate. Und wenn ich mein Ohr auf den Teppich gehalten habe, konnte ich neben dem dumpfen Bass-Gebrumm meistens noch die Original-Platte hören, die wohl auf Dauer-Repeat gestellt war. Mit solchen Leuten muss ich das Treppenhaus teilen. Übrigens bin ich immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 13

Ich lese das, was keiner liest und deshalb auch mit Vorliebe Grußworte in Vereinszeitschriften. Karneval ist lange vorbei, aber in irgendeiner Supermarkt-Ecke lag das schöne Vereinsheft zum 50jährigen Bestehen der Unterwiehremer Käsrieber. Das haben sie offensichtlich in dieser Session gefeiert, steht auf der ersten Seite. Die Käsrieber müssen zu den wohlhabenderen Narrenzünften gehören, denn das Heft ist aufwendig gestaltet: Vierfarb-Cover, ein einheitliches, zeitgemäßes Layout, eine ordentliche Paginierung und schönes, dickes, mattglänzendes Papier. Die alte Frage, was man denn in einem Grußwort schreiben soll, hat Oberbürgermeister Rolf Böhme so gelöst: Er versucht es auf die volkstümliche Art und zitiert einen „Neckvers aus der Inflationszeit“: „In de Wiehre, in de Wiehre, do gibt?s Backsteikäs um Viere.“ Schon wieder sind fünf Zeilen gefüllt, ohne das irgendein Sinn erkennbar ist. Aber das macht ja nichts, weil es sowieso keiner liest. Hauptsache, man hat gezeigt, dass der „Oberbiergermaischder“ die Käsrieber nicht vergessen hat. Beim Lesen des Grußwortes von Zunftvogt Ralf Höll wird ganz schnell klar, warum sich Jugendliche einen Dreck um das Brauchtum scheren: „Für die Älteren werden vergangene Ereignisse wieder lebendig, für die Jugend wird uns soll es die Begeisterung sein, neue Ideen im Sinne des Brauchtums zu erwecken und zu verwirklichen.“ Schnarch, gähn…

Endlich mal wieder ein Tag, den man getrost im Bett verbringen könnte. Der Nebel will einfach nicht aus den umliegenden Hängen abziehen, ich muss um 14 Uhr schon die Schreibtischlampe anmachen. Zeit, um sich wieder mal Gedanken über den Sinn dieser Serie zu machen. Der Sinn sitzt anderthalb Autostunden entfernt und ist momentan viel zu beschäftigt, um sich mit mir zu befassen. Was ich sehr schade finde, denn meine Botschaft bleibt bestehen:

„Es soll kein Andrer sein,
Der mich soll nehmen ein,
Als du, o schönstes Kind,
Dir bleib ich treu!“

Dieses Zeilen stammen von Clemens Brentano, der sich in seinen Beziehungen aufgeführt hat wie Sau, aber wenigstens welche hatte. Das Problem sind nicht die anderthalb Stunden Autofahrt, die ich für so eine Frau jeden Tag mehrmals zurücklegen würde. Problematischer ist wohl, dass meine Botschaft immer noch nicht angekommen ist. Aber ich bleibe stur und hartnäckig, denn so eine Frau kann ich einfach nicht aufgeben.

Und weiter geht?s im lustigen Landtagswahlkampf, wo sich Spitzenpolitiker auch mal in die Pampas trauen. Wie zum Beispiel Friedrich Merz ins schöne Buchenbach. Dort hat er doch allen Ernstes behauptet, wie ich der lokalen Tagespresse entnehme, dass der Mittelstand zu den wichtigsten Stützen der Gesellschaft gehöre, aber „zu schlecht organisiert ist, um den Zumutungen der rot-grünen Bundesregierung wirksam begegnen zu können.“ Die Frage ist, wer momentan schlecht organisiert ist und wer sich mal ernsthaft überlegen sollte, ein Konzept auf den Markt zu werfen. Gut gefällt mir das Pressefoto, wo Merz lächelnd auf den formschönen, braunen Sparkassen-Glasaschenbecher stiert. Dabei reibt er sich nervös an seiner Uhr, auf die er wahrscheinlich kurz vorher gestiert hat, weil er nicht den ganzen Tag in der Pampas verbringen will. Ich bin immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 12

Bei meiner ersten morgendlichen Zigarette auf dem Balkon habe ich gesehen, dass den Besitzern des benachbarten spanischen Weinrestaurants der Wäscheständer mit den frischen Handtüchern und Schürzen in den Dreck gekippt ist. Das ist in der Vergangenheit nach stürmischen Nächten schon mehrmals passiert und deshalb ein weiterer Grund, dieses Etablissement niemals aufzusuchen. Denn üblicherweise taucht nachmittags dann ein laut fluchender Restaurantbediensteter auf, stellt den Wäscheständer wieder richtig hin und klopft den Siff von den Handtüchern ab. So kann ich mir ungefähr vorstellen, wie es abläuft, wenn in der Küche aus Versehen das geschnibbelte Gemüse auf den Boden fällt.

Apropos frische Handtücher: In meinem präfererierten Waschsalon kommt man normalerweise sehr leicht ins Gespräch, insbesonders dann, wenn unbeholfene Neulinge an den Maschinen hantieren. Bei meinem letzten Besuch tauchte ein offensichtlich Obdachloser auf: „Wer wäscht denn hier?“ fragte er und schaute sich um. „Wohl alle hier. Das ist schließlich ein Waschsalon“, antwortete ich, weil ich meine Klappe nie halten kann. „Kannscht mei Hose mitwaschen? Ich bin nämlich ein alter Waschsalon-Schnorrer.“ Zum Glück hatte ich die Maschine mit meiner Wäsche schon gestartet. Übrig blieb die Trommel mit unseren Badematten und verdreckten Küchenhandtüchern. „Na gut, pack die Hose dazu“, sagte ich und drückte auf den 95 Grad-Kochwäsche-Knopf. Ein Waschgang dauert 35 Minuten. Und es wurden die längsten 35 Minuten, die man sich vorstellen kann. Wahrscheinlich aus Dankbarkeit meinte der Obdachlose wohl, er müsse mir seine Lebensgeschichte erzählen. Das wäre ja nicht so schlimm gewesen, hätte er nicht diese Bierfahne gehabt. Was von den Sachen, die er mir erzählt hat, stimmt, kann man sich selbst aussuchen: Er wäre in Marokko mal im Knast gelandet. Ob ich denn rechnen könne? 2 mal 2 Meter, soviel Platz sei in der Zelle gewesen, und das mit 14 Mann. Alles Moslems, und dazu die Hitze. Zum Glück sei er ja Christ, und er habe eine Bibel bekommen, und die Moslems in der Zelle seien neidisch gewesen, weil er so als einziger Blättchen gehabt hätte. Drei Monate habe er gesessen, und alles nur, weil sich der Vater seiner damaligen Freundin, nicht für ihn eingesetzt habe. Und dabei sei der doch marokkanischer Geheimdienstchef gewesen. Seitdem meide er Nordafrika. Der Obdachlose spendierte dann noch den Trockner, um sich danach lautstark zu beschweren, dass ich seine Hose zusammen mit unseren „Pissmatten“ gewaschen hätte. Höflichkeit ist eine Zier, habe ich gedacht aber nicht gesagt.

Der Grad meiner Verrohung nimmt weiterhin zu, was wohl mit meinem Interesse an Büchern zusammen hängt, die mal irgendwann auf dem Index gelandet sind. In diesem Falle Henry Millers „Opus Pistorum“. Ein Werk, das man sich am besten übers Internet bestellt, weil es doch zu peinlich ist, danach im Buchladen zu fragen. Als es nach zwei Tagen geliefert wurde, wusste ich auch, warum es jahrelang nur unter dem Ladentisch zu bekommen war: Das Werk ist eine 432-seitige Wichsvorlage ohne Bilder. Das heißt, dass man wahllos eine Seite aufschlagen kann und auf jeden Fall irgendeine sexuelle Handlung beschrieben wird („…er steckt seine Zunge in Toots‘ Falle und zieht sie tropfend wieder heraus…dann schlürft er gierig den Saft, der in ihren Busch gesickert ist….“, Seite 111). Henry Miller lässt keine Geschmacklosigkeit aus, und ich gebe angeekelt auf, nach einem Handlungsstrang zu suchen. Kleiner Tipp: Besser nicht den Eltern zum Hochzeitstag schenken. Außerdem bin ich immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 11

Kurz etwas zu meiner Mittelhochdeutsch-Klausur: Der
Übersetzungsteil lief hervorragend, der zweite dann eher
bescheiden, weil er aus einer Ansammlung von Fangfragen im Stile von
"Wer wird Millionär" bestand: Wie kam der Eneasroman
Heinrichs von Veldeke nach Thüringen?

a) per E-Mail
b) überhaupt nicht
c) aus verständlichen
Gründen erst nach der Wende
d) durch Diebstahl während
der Hochzeit des Landgrafen Ludwig III. von Thüringen und
Margarethe von Kleve.

Antwort d) wäre richtig gewesen, wie ich nach der Klausur
herausgefunden habe. Nun heißt es Warten auf das
Klausurergebnis, denn davon hängt ab, ob ich meine
Zwischenprüfung ablegen kann. Das habe ich gestern bei einem
kurzen Gespräch mit dem Dozenten herausgefunden, der im
Deutschen Seminar für Zwischenprüfungsfragen zuständig
ist: Die Zwischenprüfung darf erst abgelegt werden, wenn alle
Scheine da sind. Und was ich über Scheinerwerb denke, habe ich
ja schon gesagt.

Damit in dieser Serie die Quantität Qualität nicht
überragt, habe ich mich entschlossen, langsam mal etwas
konkreter zu werden. Ich wollte schon immer mal die Wahrheit
schreiben, und nichts als die Wahrheit. Und die Wahrheit ist, dass
ich nach langer Zeit mal wieder richtig verknallt bin. Verknallt in
ihre riesigen, neugierigen Augen, verknallt in diesen wunderbar
sinnlichen Mund, ihren geilen Bauchnabel, ihren wunderbar schlanken
Körper, ihre langen Finger. Wer behauptet, das klinge
oberflächlich, lügt. Denn wer sich zur Abwechslung mal
nichts vormacht, wird zugeben, dass der visuelle Eindruck bei einem
Menschen, den man trifft, der intensivste ist. Irgendetwas muss mich
an einem Menschen faszinieren, um mit ihm in Kontakt zu treten. Und
das ist zuallererst bestimmt nicht der Charakter. Das kann ein Blick
sein, oder eine besonders sonore Stimme, ein selbstbewusstes
Auftreten. Treffen mehrere dieser Merkmale zu, ist mein Interesse
vollends geweckt. Bei ihr ist es die Kombination, die mich so völlig
aus der Bahn geworfen hat. Liebe auf den ersten Blick ist Blödsinn.
Der zweite ist viel interessanter. Und weil der dritte mich dann
völlig umgekippt hat, muss sie schon sehr, sehr geil sein.

Sehr geschwankt bin ich (was ein Übergang), als ich in der
lokalen Tagespresse vom Schicksal des Freiburger Friedensaktivisten
Armin Simon gelesen habe. Der Student der Geschichte, Psychologie und
Germanistik ist zu 20 Tagen verknackt worden, weil er widerrechtlich
über den Zaun eines Militärflughafens geklettert ist. "Das
war eine symbolische Aktion, mit der wir zeigen wollten, dass wir
einen Zaun, hinter dem Unrecht versteckt wird, nicht respektieren."
Nicht nur sein kollektives "Wir" kotzt mich an (soll wohl
Stärke implizieren), sondern dass der Typ wieder mal sämtlichen
Klischees entspricht, die man über die Randgruppe
Friedensaktivist hat. Simon: "Wenn ich jetzt dafür
eingesperrt werde, dann betrachte ich meinen Gefängnisaufenthalt
als eine Art Mahnwache hinter Gittern." Und zieht davor drei
Tage mit seinen Unterstützern in einem Protestmarsch zum Knast.
Sehr anregend fand ich das Foto: Er schaut völlig entrückt
in die Kamera, bekleidet mit gestreiftem Sträflingshemd und
einem Halstuch, dahinter ist ein bemaltes Bettlaken zu sehen:
"Freiburger Friedensaktivist geht ins Gefängnis",
natürlich mit dem unvermeidlichen Herzchen anstatt eines
I-Punktes. Schön stelle ich mir die Kontaktaufnahme im Knast
vor: "Warum sitzt Du denn?" "Ich bin Friedensaktivist.
Und Du?" "Massenmörder." Und wie ihr ja wisst,
bin ich immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 10

Okay, dann erzähle ich zur Abwechslung mal etwas Positives:
Heute morgen stand ich an der Straßenbahnhaltestelle
Stadttheater, und auf einmal ging im Baum hinter mir das große
Geschilpe los. Die Vogelmutter war wohl gerade in ihr Nest zurück
gekehrt und hatte Futter für ihre Jungen organisiert. Nicht nur
ich drehte mich nach dem Baum um und blickte in die Krone, um einen
Blick auf das Nest zu bekommen. Aber trotz des saisonbedingten kahlen
Baumkleids hatte es die Vogelmutter wohl geschafft, ihr Nest
strategisch günstig, also unsichtbar für alle Gaffer und
potentiellen Feinde, zu platzieren. Das Geschilpe wollte gar nicht
mehr aufhören, so dass ich annehme, dass die Mutter wohl einen
guten Tag hatte. Und das, wo der Betonierungsfaktor in der Innenstadt
ziemlich hoch ist. Mutter Natur setzt sich halt immer noch durch,
auch wenn der Mensch dies verhindern möchte.

Und noch etwas Positives schreibe ich jetzt auf: Ich habe vor
einigen Tagen die Frau meines Vermieters getroffen, als ich gerade
beim Müllwegbringen war. Ich habe sie nett gegrüßt,
sie hat nett zurück gegrüßt. Und dann sagte sie mir
mit einem Lächeln im Gesicht und nachsichtigem Kopfschütteln,
dass es im Treppenhaus immer noch permanent nach Rauche rieche. Und
mit tadelnder Stimme fragte sie mich, was mir denn einfallen würde,
mir in der Wohnung eine Zigarette anzustecken. Ich fühlte mich
stark zurückerinnert an eine Szene vor ein paar Monaten, als
mein Vermieter am Morgen nach einer kleinen Party wutentbrannt anrief
und mir vorhielt, er habe wegen des Qualms im Flur bis zwei Uhr
nachts kein Auge zumachen können um sich anschließend in
einen zehnminütigen Cholerikanfall hineinzureden. Das Gespräch
endete damals mit meinem Hinweis, er solle wieder anrufen, wenn er
sich beruhigt habe, weil ich mich von nichts und niemanden in der
Welt beleidigen lasse. Damals bin ich etwas wütend geworden,
diesmal blieb ich gelassener: "Ich kann mir gar nicht erklären,
warum es im Flur nach Rauch riecht. Ich beschränke meinen
Zigarettenkonsum sowieso auf ein Minimum, und zwar auf dem Balkon",
heuchelte ich mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Ich
brachte die Mülltüte weg, und als ich wieder nach oben kam,
stand die Vermieterin schnüffelnd vor meiner Tür: "Oh,
da muss ich mich wohl bei Ihnen entschuldigen. In Ihrer Wohnung
riecht es tatsächlich nicht nach Qualm." Es hat also doch
Vorteile, wenn man Kochaktionen mit gedünsteten Zwiebeln und
Knoblauch startet. So weit, so entspannend, dachte ich mir, während
ich mir in meinen Zimmer eine Zigarette anmachte.

Und dann drückte ich ganz entspannt auf die Taste meines
CD-Spielers, wo seit einer Woche permanent eine der schönsten
Neuerscheinungen der letzten Zeit steckt. Nämlich die CD der
isländischen Gruppe Sigur Rós, Und das auch nur, weil es
mein favorisierter Plattenhändler in drei Wochen nicht geschafft
hat, das Ding als Vinyl zu bekommen ("S’isch wohl ein Engpass").
Neuerscheinung ist das falsche Wort, weil die Platte von 1998 ist und
jetzt erst langsam Deutschland erreicht. Als ich erste Ausschnitte
im vergangenen Sommer bei "Raum und Zeit" hörte, bin
ich sofort in die Düsseldorfer Plattenläden gelaufen, wo
mich die Plattenhändler ziemlich blöd angeschaut haben.
Jetzt ärgert mich, das Sigur Rós als CD des Monats groß
bei WOM im Schaufenster plakatiert ist. Ich fühlte mich spontan
an einen Spruch von Benjamin von Stuckrad-Barre erinnert, der zur
"Urban Hymns"-Platte von The Verve gesagt hat, dazu müsse
man auf den Tisch steigen und laut mitgröhlen. Leider kann ich
kein isländisch. Außerdem bin ich immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 9

Es lohnt sich doch, dass ich jeden Tag zum Frühstück die
Todesanzeigen in der lokalen Tagespresse studiere. So habe ich zum
Beispiel als erster vom Tod der Mutter meines Latein-Dozenten
erfahren. Und weil Universitäts-Angestellten beim Ableben eines
nahen Verwandten zwei Tage Urlaub zustehen, hatte ich an diesem Tag
kein Latein. Außerdem bekommt man beim Lesen unfreiwillig
Vorlagen, wie man es nicht machen sollte. In eine übliche
deutsche Todesanzeige, wie sie jeder Beerdigungsunternehmer in seinem
Katalog hat, gehört oben rechts ein Sprüchlein, wie:

Schlicht und einfach war dein Leben
treu und fleißig
deine Hand,
hast dein Bestes uns gegeben,
schlafe wohl, hab‘
vielen Dank.

Bösartig zwischen den Zeilen gelesen heißt das jetzt:
Der Verstorbene war geizig, ständig auf Geschäftsreise und
hatte deshalb nie Zeit für seine Familie. Ohne Vorurteile
gelesen wollte die Familie nur die guten Seiten des Verstorbenen
darstellen, weil man ja über Tote nicht schlecht spricht. Oder
doch die Verwandten ärgern, die keine persönliche
Sterbeanzeige geschickt bekommen haben (inklusive Kärtchen für
den Leichenschmaus). Die Sprüche wiederholen sich oft: Wem
nichts einfällt, nimmt die Bibel, wer deutsche Dichter schätzt,
Hesse oder Schiller, die ganz Kreativen nehmen ein Zitat aus dem
"Kleinen Prinz", das Bildungsbürgertum aus dem "Petit
Prince". Ganz schlecht ist die Sorte Sprüchlein, die sich
nach Büttenrede oder wie von Oma gereimt anhört (s.o.).

Oft sind die Verfasser der Sprüchlein nicht angegeben, so
dass sich zwangsweise Fehler einschleichen. Heute tauchten zwei
verschiedene Versionen von ein und demselben Vers auf. Einmal:

Wenn die Kraft zu Ende geht,
ist Erlösung Gnade.

Die zweite Variante:

Wenn die Kraft zu Ende geht,
ist Erlösung eine
Gnade.

Welche Fassung nun stimmt, mag ich nicht zu sagen. Ich tippe auf
die erste. Geradezu peinlich sind Rechtschreibfehler in
Todesanzeigen, wie zum Beispiel heute beim "Omnibusunternehmer"
Artur Boch, wo die Verwandten bitten "von Beileidbezeigungen"
Abstand zu nehmen. Dieser Fehler ist weder durch große Trauer
noch durch die Feinheiten des badischen Dialekts zu entschuldigen.
Der Beerdigungsunternehmer sollte lieber mal seinen Computer
anschmeißen und die fehlerhafte Datei ändern. Denn dieser
Satz wird häufiger mal gebraucht.

Darf man so über eine solch ernste Sache wie den Tod
schreiben, frage ich mich, während ich die beiden ersten beiden
Absätze noch einmal durchlese. Es geht noch kälter: "Und
plötzlich erinnere ich mich schmerzlich, wie gerne ich Alison an
diesem Frühlingsnachmittag hätte zu Tode bluten sehen, aber
etwas hatte mich zurückgehalten." (‚American
Psycho‘, Seite 290). Aber es geht auch viel, viel schöner:

Seid, Augen mein, gewiß:
Die Zeit vergeht, und
jene Stunde naht
Und setzt ein Ende eurer Tränenflut.
Euch
Flieh die Finsternis,
Solange ihre Gnad‘
Auf dieser Erde
hold
zu sein geruht.
Und ist der Herr so gut
Und schenkt ihr
Heiligenwonne –
Wenn meine Lebenssonne
Sich von uns kehr zu
jenen Himmelsauene,
Was, Augen, bleibt auf Erden euch zu
schauen?
 
(Michelangelo).

Solche Verse gehören in eine Todesanzeige, sofern der
Verstorbene christlich getauft war. Und nicht wie die knauserigen
Stammtischkollegen des verstorbenen "Omnibusunternehmers"
Artur Boch, die sich mit einem nichtssagenden "Adieu"
verabschiedet haben. Außerdem bin ich immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 8

Da sieht man mal wieder, wie groß mein Nachholbedarf in
Sachen Mittelhochdeutsch noch ist: Monophtongierung wird nämlich
mit th geschrieben, also Monophthongierung. Im Gegensatz zum
Diphthong (Zwielaut) handelt es sich beim Monophthong um einen
einfachen Langvokal. Mit diesen beiden Begriffen kann man gut
erklären, wie sich denn die Laute vom Mittelhochdeutschen zum
Neuhochdeutschen verändert haben. Zum Beispiel beim schönen
Wort "Liebe", das im Mittelalter noch "Li-ebe"
ausgesprochen wurde, während es heute nur noch noch mit einem
langen "i" verwendet wird. Wahlweise aber auch kurz, wenn
man sich gerne mal einen schlechten Pornofilm anschaut. Das sind die
Filme, wo sich der Regisseur dann doch entschieden hat, einen Plot zu
schreiben und dann den Hauptdarsteller "Isch libbe disch"
sagen lässt, bevor die Fickerei losgeht. Besonders nett wird es
dann, wenn die Filme nachsynchronisiert sind.

Womit ich wieder bei einem Thema angelangt bin, dass mir momentan
starke Kopfschmerzen bereitet. Denn Liebe ist wird zwar nur mit einem
einfachen Langvokal ausgesprochen, die Realität ist aber
bedeutend schwerer. Wie gut, dass das Deutsche Seminar noch alte
Bücher besitzt, in denen wichtige Sachen auf denPunkt gebracht
werden: "Lieben drückt einen höhern Grad des
Wohlgefallens an einer Person sowohl, als auch das Bestreben ihr zu
gefallen aus", steht in Johann August Eberhards "Synonimischen
Handwörterbuch der deutschen Sprache, für alle, die sich in
dieser Sprache richtig ausdrücken wollen", aus dem Jahre
1832. Liebe und Gegenliebe sind aber zwei verschiedene Dinge, wie ich
momentan feststelle. Zur richtigen Vorgehensweise hilft da vielleicht
folgende kleine Strophe weiter: "Kann besserer Grund sich, dich
zu lieben, zeigen, / Als hoch zu preisen jenen ewigen Frieden, / Der
Dir, was göttlich an dir ist, beschieden / Und macht, daß
Edle sich zur Reinheit neigen?" (Michelangelo).

Schnell zu einem anderen Thema, nämlich meinem momentanen
Lieblingscafé in Freiburg. Das ist in der Eisenbahnstraße
und ziemlich klein, so klein, dass hinter der Theke gerade mal so
viele Tassen stehen, wie es Plätze an den Stehtischen gibt. Der
Chef heißt Gino und sein Mitarbeiter Marco. Gino weiß
mittlerweile schon, dass ich immer einen doppelten Espresso ohne
Lametta trinke, und Marco hat bis heute nicht gerafft, dass ich
ihm Trinkgeld für seine Dienste geben will. "Stimmt so",
sage ich, und Marco gibt mir immer die Differenz des Betrages zurück,
den ich laut Anschrieb an der Schiefertafel hinter ihm zahlen muss.
Mittags kommen dann immer die Angestellten aus den umliegenden
Bürogebäuden zu Gino, und Gino sagt dann immer "Wünsche
schöne Mittagspause". Wenn eine Frau ihren Kaffee bestellt,
auch schon mal ein Wörtchen mehr. Schön ist, dass man bei
Gino immer den aktuellen Spiegel oder Stern lesen kann. Er sollte
aber dringend aufhören die Freiburger Werbeblättchen, die
sowieso kein Mensch liest, zwischen die zwei Stöcke zu spannen,
die man dann auch aufhängen kann (wie heißen die
nochmal?). Und wenn Gino besonders gut drauf ist, dann stellt er sein
Radio ganz laut, vorzugsweise bei Zuccheros "Senza una donna",
Dann fange ich an zu grübeln, denn ich bin ja schließlich
immer noch verliebt.

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Warum mir eigentlich alles egal ist 7

Wie gut, dass ich das Edeka-Magazin "Diese Woche"
diesmal nicht sofort weggeschmissen habe. Denn sonst hätte ich
wohl nie erfahren, was auf Käseverpackungen die tolle Abkürzung
"Fett in Tr." heißt. "Was ,Fett in Tr.‘ bei Käse
überhaupt bedeutet, warum die Angaben so kompliziert sind und
wie Sie ganz schnell den wirklichen Fettgehalt errechnen können,
möchte ich Ihnen hier erklären", schreibt
Ernährungsexpertin Gabriele Voigt-Gempp. Fett in Tr. heißt
nämlich anderes, als ,Fett in Trockenmasse‘. Weil jeder Käse
aber außer Trockenmasse noch Wasser enthält, täuscht
der oft sehr hohe "Fett in Tr."-Gehalt. Beim "Trick
für clevere Kunden" heißt es dann auch: "Teilen
Sie bei Hartkäsen und Schnittkäsen die Angabe des
Fettgehalts in der Trockenmasse durch zwei und schon haben Sie den
ungefähren wirklichen Fettgehalt ermittelt." Immer auf der
Suche nach leckeren Light-Produkten, bin ich mittlerweile bei "Bresso
Balance" angelangt: Ein annehmbarer Fettgehalt, geschmacklich
ähnlich wie das Produkt in der Doppelrahmstufe. Bei den
Frischkäsen ohne Kräuter schneidet "Philadelphia
fitness" am besten ab. Nicht zu empfehlen ist "Exquisa
Vital": Kaum Fett, dafür schmeckt das Zeug aber auch
schlecht. "Le Tartard balance" ist zwar geschmacklich
einwandfrei, dafür aber zu teuer und zu wenig Inhalt.

Juchhu, ich darf endlich wieder wählen, und zwar den
baden-württembergischen Landtag. Langsam begreife ich auch,
warum hier permanent die Polit-Prominenz ins Breisgau reist. Neben
unserem Bundesaußenminister Fischer und dem Staatsminister für
Kultur Julian Nida-Rümelin sind hier in den letzten Tagen auch
Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (noch weniger Zuschauer
als Nida-Rümelin), ehemals Bergmann-Pohl, und Hermann-Otto Solms
aufgetaucht. Der ehemalige FDP-Fraktionsvorsitzende hat bei
irgendeiner schlagenden Allemania irgendwas-Verbindung geredet und
nennt sich jetzt ernsthaft "Vizepräsident des Deutschen
Bundestages". So darf man sich nennen, wenn man von der Partei
gechast wurde und trotzdem noch ordentliche Bezüge erhält,
habe ich mir gedacht, als ich das Flugblatt in der Mensa gesehen
habe. Wie ich dem Bundestagshandbuch entnehme, hatte der Mann in den
Siebzigern einen ähnlich guten Posten: Da war er nämlich
persönlicher Referent der Bundestagsvizepräsidentin
Liselotte Funcke.

Wo ich schon bei politischen Themen bin, zitiere ich zur
Abwechslung mal unseren Bundespräsidenten Rau, der ja immer noch
krampfhaft darum bemüht ist, eine Rede zu halten, mit der er in
die Annalen eingeht: "Wir müssen die Wirklichkeit zur
Kenntnis nehmen, wenn wir sie erfolgreich gestalten wollen – ohne
Angst und ohne Träumereien." Die Wirklichkeit sieht bei mir
momentan eher bitter aus: Ich schreibe am Wochenende meine
Mittelhochdeutsch-Klausur, für die ich immer noch zu wenig getan
habe. Meine Wohnung sieht aus wie ein Schweinestall, weil ich seit
dem ersten Semester aufgehört habe, meine Papiere abzuheften und
die Mülltonnen im Innenhof schon wieder voll sind. Ich habe kein
Geld, und niemand liebt mich. Womit ich wieder bei Michel Houellebecq
angekommen bin: "Gegenwärtig bewegen wir uns in einem
zweidimensionalen System: dem der erotischen Attraktivität und
dem des Geldes. Alles andere, das Glück und das Unglück der
Leute, leitet sich daraus ab." Wobei es wohl bei mir noch nicht
so schlimm ist, denn ich bin ja schließlich immer noch
verliebt.

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