Das klappt schon

Aber für mich ist der Weg zur Währungsunion nur im Rahmen eines europäischen Bewußtseins erfolgreich zu gehen […]

Bundesbank-Direktoriumsmitglied Otmar Issing in „Der Spiegel“ vom 15.1.1996, S. 85ff

Als im Dezember diese lustigen kleinen Geldsäckchen verkauft wurden, hab ich schon so bei mir gedacht, daß diese größte verwaltungstechnische Herausforderung noch ganz Europa in ein Chaos ungeahnter Ausmaße stürzen wird. Um diesen Trubel zu umgehen, hab ich mich dann auch nicht am 17. Dezember zur Stoßzeit vor der Sparkasse in eine der Schlangen eingereiht, um solch ein Warterkit zu erhaschen, sondern einfach noch einen Tag abgewartet und dann tatsächlich zwanzig Ocken – schön fein säuberlich in Zwei- und Fünfpfennigstücken – auf den Tisch geschaufelt und mir auch so ein Plastiksäckchen für Neugierige gekauft.

Da hatte ich ihn also, meinen Euro, und trug ihn stolz ins Büro. Zuerst hatte ich wie der kleine Junge in der Werters-Echte-Reklame noch etwas Schwierigkeiten, das Päckchen aufzumachen, aber nach dem Griff zu einer herumliegenden Schere purzelten auch schon die erste goldenen Metallbolzen auf den Schreibtisch. „Häßliche kleine Dinger“, dachte ich so in mich hinein und befummelte zuerst die gekerbten Ränder, bevor ich entzückt den Fallersleben-Vers auf dem Rand der Zwei-Euro-Münze entdeckte. Viel hat sich verändert, jedoch offensichtlich nicht alles – ich war ein gutes Stück versöhnt. Was danach folgte, trübte meine Stimmung wieder: Wo sollte ich die gräßlichen Münzen nun hinpacken? Zu Theodor Heuss und dem baumpflanzenden Fräulein in meine Geldbörse? Nein. Erstens kein Platz und zweitens ist dann alles durcheinander. Das mochte ich nicht leiden. Ich steckte die gesamteuropäische Währung in meine Manteltasche und musste den ganzen Tag fürchten, daß meine allerersten Euros unbenutzt in die Gosse kullern. Ich war erzürnt und fing an, meinen Kauf zu bereuen.

Was dann folgte, ärgerte mich noch mehr. Im täglichen Umgang mit diversen Automaten erwiesen sich die neuen Münzen nämlich als mehr als untauglich. Obwohl an jedem Metallgegenstand, der nur so aussieht, als könne man Münzen hineinwerfen, sich schon ein hübscher Euro-Aufkleber befindet, scheint den Automaten selbst noch niemand gesagt zu haben, daß sie nun auch die neuen „Rundstücke“ zu fressen haben. Entweder die Münzen purzeln unten unbeachtet wieder hinaus, oder noch schlimmer: Man bezahlt, erhält dafür aber keine Gegenleistung. Ein mir nun verhaßter Kaffeeautomat weigerte sich trotz beharrlichem auf dem Geldrückgabeknopf rumgedrücke, mir meine sauer erkauften Euros wiederzugeben. Ärgerlich. Die neuen Scheine scheinen ja auch nicht das zu halten, was man von ihnen erwartet, aber wegen mir müssen die Dinger auch gar nicht waschmaschinentauglich sein, da ich eher selten, also nie, Geld zu waschen pflege.

Der erste Einkauf mit dem neuen Geld war umso spaßiger: „Was macht das denn in Euro?“ – „ZweiEurosoundso“ – „Mal sehn, ob ich soviel hab“ – Die Kassiererin schaut mich ermutigend an, ich packe meine Goldmünzen auf den Tisch. „Das klappt schon“, meint sie. Ich fingere derweil wild herum: „Den noch und den noch, so richtig?“ – „Sehen sie, das hat doch gut geklappt“.

Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt, als ich noch im Büdchen um die Ecke meine Pfennige in Weingummischlümpfe getauscht hab, damals, als ich kaum zählen konnte und jeder meiner „Einkäufe“ fast eine Stunde gedauert hat.

Weil ich noch etwas nachdenkliches sagen will, daß selbst eine europaweit einheitliche Währung die verschiedenen Kulturen wohl nicht näher zusammenbringen wird und leider auch nicht zum gegenseitigen Verständnis der Menschen untereinander beitragen kann, entschließe ich mich zu einem mächtigen Schlußwort. Leider entweicht mir nur ein „ich komm mit dem ganzen Kram nicht zurecht“. „Ach, da gewöhnt man sich schon noch dran“, meint die Kassiererin für mich mit. „An das Ozonloch und das Waldsterben hat man sich ja auch gewöhnt“, denk ich so bei mir und verlasse mit einem „Tschüß“ lächelnd (und von meinem ersten Euroeinkauf noch ein bisschen aufgeregt) den Laden.